„Ich freue mich auf das Schwimmen“, sagt Elia (46) stolz in die Runde. Es ist einer der wenigen Sätze, die sie inzwischen auf Deutsch sprechen kann. „Kannst du mir bitte helfen?“ und „Danke, ich schaffe das alleine“ sprudeln an diesem Tag ebenfalls zum ersten Mal aus ihr heraus. Elia kam vor wenigen Wochen nach Deutschland, beantragte hier Asyl.

„Wir kommen aus demselben Land. In unserer Heimat werden wir politisch verfolgt“, erzählt ihre 25-jährige Freundin Zehra, die Elia begleitet. Zehra spricht fließend Englisch, was die Verständigung erheblich erleichtert. Während Elia zu einer religiösen Minderheit gehört, war Zehra politisch in ihrem Heimatland Syrien aktiv und geriet dadurch in Lebensgefahr. Beide lernten sich in einem Hamburger Erstaufnahme-Camp kennen.

Was mit Verfolgung gemeint sein könnte, lässt sich beim Anblick verheilter Wunden auf Elias Haut nur erahnen. Nicht alle Narben lassen sich durch die lange Badebekleidung vollständig verdecken. Sie machen sprachlos.

„Schwimmbrille“, sagt Elia und deutet auf ein wasserdichtes Nasenfahrrad. „Nasenklammer“, ergänzt Zehra grinsend und fragt auf Englisch nach, warum die Deutschen „Badehose“ und nicht „Schwimmhose“ sagen. Wo es doch auch „Schwimmbrett“ und „Schwimmbecken“ heiße. Von einer jüngeren Teamkollegin lernt sie, dass das Wasser zwar „arschkalt“ sei, man aber besser „eiskalt“ sage. „Arschkalt“ üben die beiden anschließend wieder und wieder.

Elia schwimmt an diesem Tag zum ersten Mal im tiefen Wasser. In ihrer vierten Schwimmstunde braucht sie zwar noch jemanden, der in ihrer unmittelbaren Nähe ist und ihren inneren Schweinehund durch gutes Zureden in Schach hält, aber eigentlich schwimmt sie die 25 Meter ganz alleine. Insgesamt vier komplette Bahnen schafft die nach einer Rückenmarks-Entzündung gelähmte Frau in den 90 Minuten und freut sich wie eine Schneekönigin, bedankt sich wieder und wieder. „In ihrer Heimat hat sie ihr Elternhaus nicht verlassen können“, übersetzt ihre Freundin. „Deshalb konnte sie bislang auch nicht schwimmen.“

Elia und Zehra sind zwei von sechs geflüchteten Menschen, die derzeit an unserem Schwimmangebot für erwachsene Menschen teilnehmen und damit die seit langer Zeit bestehende inklusive Gruppe verstärken. Weil sie befürchten, dass zurückgebliebene Angehörige in der Heimat zusätzliche Schwierigkeiten bekommen, mussten wir auf Fotos verzichten und die Namen ändern.

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